Ich wollte schon länger eine Motorradtour in Peru machen. Zuerst war die Idee von Cusco aus Richtung Dschungel zu fahren. Das hat dann nicht geklappt, aber jetzt war es so weit. In Caraz, nahe meines base camps in Huaraz habe ich Victor 1 gefunden, der Motorräder vermietet, und der mir im Vorfeld tatkräftig mit Routenplanung und Ideen zur Seite stand.

Morgens ging es mit dem ersten colectivo von Huaraz nach Caraz. Für die knapp 70km brauchten wir 1,5 Stunden, was vor allem den Fahrkünsten unseres Fahrers zu verdanken war. Wenn jemand ein Fahrzeug an seine Grenzen bringen kann, dann sind es die Taxi- und colectivofahrer in Peru.

Nach einer top Beratung zur Maschinen Auswahl, kurzer Probefahrt, und Festzurren des Gepäcks ließen wir gegen 10 Uhr Caraz hinter uns. Die Route stand:

  • Tag 1: der PE-3N nach Carhuaz folgen, dann auf die AN-107 abbiegen, die uns über die Berge nach Chacas bringen würde.
  • Tag 2: über Schotter nach Vaquería
  • Tag 3: der AN-106 folgen, die uns zur Laguna 69 und schließlich zurück nach Caraz bringen sollte.

Insgesamt drei Tage waren geplant, mit der Option am vierten zur Laguna Parón zu fahren. Etwa so:

Auf dem Asphalt ging es schnell vorwärts; jenseits von Carhuaz ließen wir den Verkehr hinter uns. Stets bergan ging es - begleitet von bellenden Hunden - durch kleine Dörfer den weißen Gipfeln der Cordillera Blanca entgegen. Die erste Polizeikontrolle folgte noch vor Mittag.

“Wohin des Weges?”, fragt der Polizist.
“Uh, der einzigen Straße entlang in den National Park. ✌️”
“Alles klar, viel Spaß.”

Eher unspektakulär. Die folgenden Kontrollen verliefen ähnlich - offensichtlich sind Touristen nicht von Interesse.

Kurz nach dem Mittagessen in einem kleinen Bistro am Straßenrand öffnete sich plötzlich das erste gewaltige Tal vor uns in der Felswand - unser Einstieg in die Cordillera Blanca. Nun fielen auch die Dörfer und Häuser hinter uns zurück - von nun an gab es nur noch Natur zu bestaunen. Massive Gebirgsketten links und rechts, unzählige Wasserfälle, die von Gletschern gespeist ins Tal stürzten.

Die Wolkendecke ließ nur erahnen, wie hoch die Schneefelder und Gletscher überhaupt reichten. Wir verließen den Talboden und schlängelten uns etlichen Serpentinen hinauf zu dem auf knapp 4500m liegenden Punta Olympica Tunnel. Hier machte sich prompt die einzige Schwäche meiner Honda XRE1902 bemerkbar: den Scheinwerfer hätte man sich sparen können.

Jenseits des Tunnels ging es die deutlich grünere Ostseite der Cordillera hinab nach Chacas, das wir mit den ersten Regentropfen erreichten.

Chacas war erstaunlich. Man denkt, dass man nun wirklich ab vom Schuss ist - und kommt in ein andalusisches Dorf. Hier haben vor 450 Jahren Siedler ihre Heimat nachgebaut und das sieht man noch heute. Überall sind kleine Gassen, andalusische Architektur und fein geschnitzte Holzbalkons zu sehen. Wirklich schön, allerdings lud der starke Regen nicht zum weiteren erkunden ein. Pizza und schlafen.

Am nächsten morgen verließen wir die asphaltierte Straße, und begaben uns in den Schlamm. Ziemlich anstregend, aber nach etwa 2 Stunden hatten wir es in das kleine Bergdorf Sapcha geschafft. Dort war gerade der Sonntagsmarkt auf dem schön gestalteten Dorfplatz voll in Gange. Wir ergatterten Bananen und Weintrauben für unser Frühstück. Um das Ceviche aus der Plastiktüte hab ich lieber einen großen Bogen gemacht.

Gestärkt ging es weiter Richtung Yanama und die Pfützen wichen langsam aber sicher trockenem Schotter und wir konnten die Bergkulisse wieder bestaunen. Viel besser!

Abends waren wir zu Gast bei Magaliy3, die uns netterweise aufnahm, obwohl ihr Hostel eigentlich noch bis März geschlossen war.

Ihr perfekte Englisch machte mich etwas stutzig und als sie uns abends bekochte stellte sich heraus: Magaliy und ihre Familie leben nicht nur quasi autark, haben mehrere Hektar Wald um ihr Grundstück gepflanzt, und sind gänzlich belesen - nein, Magaliy ist nebenbei noch Informatikerin und macht Projektarbeit übers Satelliteninternet. Das fand ich natürlich alles unglaublich spannend denn so ein Haus im Walde ist für mich schon seit langem ein Traum. Zu hören, wie sie und ihr Mann sich das nach dem Tod ihres Großvaters (der vorher dort lebte) aufgebaut haben, war absolut inspirierend.

Nachdem wir bisher größtenteils vom Regen verschont worden waren, gab er uns am folgenden Tag die volle Breitseite. Der Aufstieg zum Llanganuco Pass war kalt, nass und nebelig. Die Sicht war auf etwa 100m beschränkt, der Nebel dicht und beständig, mit jedem gewonnen Höhenmeter sank die Temperatur, Hände und Füße waren bald nicht mehr zu spüren.

So richtig Spaß hat das nicht gemacht, aber dann ging es plötzlich über die Kuppe und wir durchbrachen die triste graue Sphere in der wir uns bewegt hatten - es bot sich ein gewaltiger Ausblick über einen Talkessel und die Orkococha Lagune etwa 1500m unter uns und in weiter Ferne.

Dieser Anblick rettete die Stimmung!

Trotzdem: wir hatten wir genug vom Motorrad fahren. Es ging insgesamt deutlich langsamer voran als gedacht und für die geplanten Wanderungen war - der Regen spielte auch eine Rolle - nicht genug Tageslicht übrig. Also entschieden wir uns beim snacken im Wind- und Regenschutz des Huascarán Visitor Center, dass wir die Laguna Parón mit Taxi erkunden würden.

Großartig war es trotzdem, und die heiße Dusche und das warme Bett in Caraz fühlten sich wohl verdient an.


  1. Meine bisher beste Motorradverleih Erfahrung überhaupt. Am besten auf Whatsapp zu erreichen: +51 959 146 533 ↩︎

  2. Geniales Motorrad - leicht, genug Kraft für die Bergstraßen, super handling im Matsch! ↩︎

  3. Besitzerin des Illariy Hostel, der letzten und besten Unterkunft vor dem Llanganuco Pass. ↩︎